von: Kim Hesse, Wiss. Hilfskraft am Institut für deutsche Sprache und Literatur
Abb. oben: Prof. Dr. Ina Brendel-Kepser, PH Karlsruhe, mit den Moderator:innen Ulrike Wörner und Tilman Rau und den Fan-Autor:innen Will Nellen und Romina Nikolic © Kim Hesse
Stell dir vor, du betrittst einen Raum voller Lehrkräfte, Autor:innen und Menschen, die sich von Literatur begeistern lassen. Alle haben ein Ziel: die Welt der Fanfiction zu erkunden und zu verstehen, wie diese kulturelle Praxis im Unterricht genutzt werden kann. Genau das bot die Schreibwerkstatt für Deutschlehrkräfte, die am 15.11.2024 am LpZ des Literaturhauses Stuttgart stattfand.
Was bedeutet Fanfiction eigentlich?
Nach einer kurzen Einführung ins Thema und der gemeinsamen Sichtung eines passenden Kurzfilms auf Arte wurde schnell klar: Fanfiction ist für viele mehr als nur ein Hobby. Ob man selbst schon einmal geschrieben hat oder vielleicht Schüler:innen kennt, die begeistert über ihre Lieblingsserien oder -bücher schreiben – Fanfiction ist eine Möglichkeit, die eigene „Fan“-Expertise zu nutzen, um Geschichten zu schreiben, zu lesen und damit Teil einer Community zu sein.
Zu Beginn wurden Erfahrungen ausgetauscht. Welche Fandoms inspirieren? Warum greifen Menschen zu Fanfiction, um Geschichten weiterzuerzählen? Warum wollen sie sie umerzählen? Es war spannend zu erleben, wie unterschiedlich die Teilnehmenden mit dem Thema verbunden waren – von Neulingen bis hin zu erfahrenen Fanfiction-Schreiber:innen.
Der informative Vortrag „Fankultur aus wissenschaftlicher Perspektive“ der Medienwissenschaftlerin Dr. Sophie G. Einwächter, Philipps-Universität Marburg lieferte weitere Fakten und Erkenntnisse zum Gegenstandsfeld.
Die Autor:innen berichten: Geschichten aus erster Hand
Ein Höhepunkt war der Austausch mit erfahrenen Fanfiction-Autor:innen. Mit viel Engagement erzählten Romina Nikolić und Will Nellen, wie sie ihre Leidenschaft für das Schreiben entdeckt haben und welche Rolle Fandoms dabei spielen. Spannend war besonders der Einblick in ihre Arbeit: Wie findet man Ideen? Welche Herausforderungen gibt es, wenn man sich innerhalb bestehender Geschichten bewegt? Und welche Bedeutung hat die Community, die diese Werke liest und kommentiert?
Hier wurde deutlich, wie wichtig Fanfiction nicht nur als Ausdruck kreativer Ideen ist, sondern auch als Plattform, um Feedback zu erhalten, sich weiterzuentwickeln und andere Menschen mit den eigenen Geschichten zu berühren.
Selbst ausprobieren: Eigene Welten erschaffen
Nach diesem Input wurde es Zeit, selbst aktiv zu werden. In einer Schreibphase hatten die Teilnehmer:innen die Möglichkeit, in kleinen Gruppen ihre eigenen Geschichten zu entwickeln. Egal, ob sie sich an einem bekannten Universum wie „Harry Potter“ oder anderen Vorlagen orientierten – die Ideen sprudelten. Es war überraschend zu sehen, wie schnell aus einer Idee ein erster Entwurf für eine Geschichte entstehen konnte.
Währenddessen standen den Gruppen die erfahrene Fan-Autor:innen zur Seite, die Tipps gaben und die Schreibenden motivierten.
Fanfiction und Schule: Ideen für den Unterricht
Natürlich stand die Frage im Raum: Wie lässt sich Fanfiction in den Unterricht integrieren? Darüber unterhielten sich die Literaturdidaktikerin Ina Brendel-Kepser und der Mediendidaktiker Matthis Kepser in einem von Tilman Rau moderierten Podcast. In einer späteren Phase arbeiteten die Teilnehmer:innen mit konkreten Unterrichtsmaterialien aus der Zeitschrift Deutsch 5-10. Sie analysierten Modelle und Vorschläge und diskutierten über deren Umsetzbarkeit. Dabei wurde klar: Fanfiction kann ein starker Motivator sein, wenn die Themen auf die Interessen der Jugendlichen abgestimmt sind.
Die Idee, Schüler:innen zu ermutigen, ihre eigenen Fandoms einzubringen, fand besonders viel Anklang. Denn genau darin liegt der Schlüssel – die eigene Begeisterung wird zur Grundlage fankulturellen Schreibens.
Ein Abschluss mit Ausblick
Zum Ende hin wurden nicht nur die gesammelten Eindrücke reflektiert, sondern auch zukünftige Pläne zur Umsetzung im Klassenzimmer geschmiedet. Besonders die Möglichkeit, Fanfiction als Unterrichtsgegenstand zu thematisieren, begeisterte viele. Wir freuen uns auf kommende Erfahrungsberichte aus den beteiligten Klassen.
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