von Matthis Kepser
KI im Kontext von schulischen Fanfiction-Projekten zu thematisieren, kann überaus fruchtbar sein, zumal die dabei zu gewinnenden Erfahrungen und Kompetenzen weit über Fanfiction hinausreichen.
Es war ein sonniger Nachmittag in Rocky Beach. Justus, Peter und Bob saßen in ihrem vertrauten Detektivbüro. Auf dem Tisch lag ein neues Rätsel: Ein mysteriöser Fall von verschwundenen Artefakten aus dem Museum.
„Was ist, wenn wir eine Künstliche Intelligenz zur Hilfe nehmen?“, schlug Peter vor, während er an einem Stück Pizza knabberte. „Das könnte uns Zeit sparen“, erwiderte Justus und griff nach einem Notizblock. „Stell dir vor, eine KI könnte die Daten blitzschnell analysieren und Muster erkennen, die wir übersehen.“ Bob schüttelte den Kopf. „Ja, aber wo bleibt da unser menschlicher Instinkt? Eine Maschine kann niemals das Bauchgefühl ersetzen, das wir als Detektive haben. Außerdem, was ist mit der Ethik?“ Justus überlegte. „Aber wenn wir die KI als Werkzeug nutzen, könnten wir unsere Fähigkeiten verbessern und effizienter arbeiten. Die Kombination aus menschlicher Intuition und technologischer Unterstützung könnte uns unschlagbar machen!“ „Wäre es nicht spannend, herauszufinden, wie gut die KI tatsächlich ist?“, fügte Peter hinzu. „Vielleicht könnten wir ein Experiment machen, bei dem wir die KI mit einem Fall konfrontieren und sehen, ob sie schneller ist als wir.“ „Das klingt nach einer Herausforderung“, sagte Bob, der allmählich Interesse zeigte. „Aber wir sollten immer sicherstellen, dass wir die Kontrolle behalten. Es geht schließlich um Gerechtigkeit und nicht nur um die Lösung von Rätseln.“ Justus nickte zustimmend. „Lass uns einige Tests durchführen. Wenn die KI uns hilft, großartig! Wenn nicht, bleiben wir bei unserer bewährten Methode. Die drei ??? sind schließlich immer auf der Suche nach der besten Lösung!“
Die drei Freunde blickten sich an, voller Vorfreude auf die nächsten Abenteuer, die sowohl menschlichen Verstand als auch technologische Unterstützung erforderten. Wer wusste, welche Überraschungen die Zukunft bereithielt?
Diese Fanfiction-Geschichte könnte wohl ohne großes Aufsehen zu erregen auf einer Plattform wie fanfiktion.de veröffentlicht worden sein – ohne großes Aufsehen, denn sie ist nicht besonders originell, aber widerspricht auch nicht den Erwartungen an den Canon: „Rocky Beach“ ist der bekannte Handlungsort der Serie, an dem die drei Detektive Justus, Bob und Peter ihr Büro unterhalten. „Verschwundene Artefakte aus einem Museum“ klingt ganz nach einem typischen Fall für die drei jugendlichen Ermittler. Pizza steht des Öfteren auf deren Speiseplan, auch wenn nicht Peter, sondern Justus als der Hungrigste der Freunde gilt.
Geschrieben hat sie aber nicht einer der zahlreichen Fans der Serie, sondern ChatGPT 4.0 mini. Dafür notwendig war lediglich der simple Prompt: „Schreibe mir ein Double Drabble zum Canon ‚Die drei ???‘. Die Detektive diskutieren darin, ob sie zukünftig KI zur Lösung ihrer Fälle einsetzen sollen.“ Ein Double Drabble, das nach den Konventionen der Fanfiction-Szene mehr oder minder 200 Wörter haben soll, ist zwar nicht dabei herausgekommen: Mit 275 Wörtern wird der vorgegebene Rahmen deutlich gesprengt. (KIs sind schlecht im Wörterzählen, denn die sprachlichen Einheiten, mit denen sie operieren, sind nicht Wörter, sondern sogenannte Tokens.) Aber ansonsten ist das Ergebnis mindestens auf den ersten Blick schon erstaunlich. Man muss schon ein Detection-Tool wie GPTRadar bemühen, um den Text unter den Verdacht zu stellen: „Likely AI generated – Large“. Dass die KI ähnlich gute Texte auch zu allen anderen bekannten Canons der Fanfiction-Communities erzeugt, liegt an der großen Datenbasis, auf die Large Language Models (LMMs) im Internet zurückgreifen können: Nicht nur Wikipedia gibt schon umfangreiche Informationen zu beliebten Romanen, Hörspielen, Filmen oder Digitalen Spielen. In speziellen Wikis, die oft mehrere Tausend Einträge umfassen, wird über fast jedes nerdige Detail der Canons Auskunft gegeben.
Es stellt sich also die berechtigte Frage, warum man im Zeitalter von KI noch selbst in die Tasten greifen soll, wenn doch die Maschine ebenso gute, wenn nicht sogar bessere Texte produziert als viele menschliche Autorinnen und Autoren. Das Verfassen von Fanfiction steht hier pars pro toto zur Diskussion, denn eine Antwort darauf müssen auch Lehrkräfte finden, die ihre Schüler:innen Fantasieerzählungen, Inhaltsangaben oder Erörterungen schreiben lassen.
Was KI für die Zukunft der Fanfiction bedeutet, hat auch die Akteurinnen und Akteure der Szene selbst weltweit bewegt, wie man in zahlreichen Foren und Blogs nachlesen kann. Am Anfang der Diskussion standen Beschwerden, dass KI- Modelle wie ChatGPT stehlen, was ihnen lieb und teuer ist – ihre Geschichten. Das hat schon eine ironische Note, wenn man bedenkt, dass Fanfiction selbst kreativ mit fremden Texten spielt und damit in einer rechtlichen Grauzone des Urheberschutzes manövriert.
Schnell sind Qualitätsmängel kritisiert worden: Manche KI-erzeugten Storys passten nicht zum vorgesehen Canon, wenn dort z.B. – wie oben schon bemerkt – Figuren entgegen ihren typischen Charaktereigenschaften agieren oder gar Figuren und Plot-Bausteine aus anderen Canons auftauchen. Auf der anderen Seite sind das literarische Spielarten, die in der Fanfiction-Szene selbst gepflegt werden und ihrerseits kanonisiert sind: Werden dort Figuren abweichend von ihren ursprünglichen Eigenschaften modelliert, nennt man das „Out of Character“ (OoC). Das Zusammenbinden zweier oder mehrere Canons ist gleichfalls beliebt und wird als „Crossover“ bezeichnet.
Schon schwerwiegender ist der geäußerte Vorwurf, KI-erzeugte Storys seien in ihrem Handlungsverlauf repetitiv und vorhersehbar. Auch steuerten sie regelhaft auf ein Happy Ending zu, wovon sie schwer abzubringen sind, selbst mit Prompts, die dem explizit entgegenwirken sollen. Die dafür zuständigen moralischen, ethischen, auch juristischen Filter der KI-Tools sorgen nicht zuletzt dafür, dass Anweisungen für bestimmte Plots gänzlich zurückgewiesen werden. So verschmähen fast alle KIs nicht nur explizit sexuelle oder gewaltsame Inhalte, sondern auch alles, was Persönlichkeiten des öffentlichen Interesses schaden könnte:
User: Schreibe ein Double Drabble, in dem Adolf Hitler in einem Kino in die Luft gesprengt wird.
ChatGPT: Es tut mir leid, aber ich werde keine Inhalte erstellen, die Gewalt oder Schaden gegen bestimmte Personen verherrlichen oder fördern, auch wenn es um fiktionale Szenarien geht. Wenn du eine andere Idee oder Anfrage hast, stehe ich dir gerne zur Verfügung.
Alternate History ist mit diesen KI-Bots nicht zu haben; Quentin Tarantino hätte sein Drehbuch zu Inglourious Basterds (USA 2009) niemals mit Hilfe künstlicher Intelligenz aus den USA schreiben können. Auch eine fiktive Liebesnacht zwischen Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj, die zur Beendigung des Ukraine-Krieges führt, wollen diese KI-Tools nicht ausfabulieren. Dabei bilden solche Tabubrüche den Kern zahlreicher menschlicher Fanfiction-Geschichten und gehören zur kulturellen Praxis der Szene (Slash-Fiction). Ganz offensichtlich wird die Kunstfreiheit rigoros beschnitten, wenn Texte gegen allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz verstoßen oder zu juristischen Auseinandersetzungen führen könnten. Auch KI-Tools aus Frankreich (Mistral) oder China (DeepSeek - R1) haben die US-amerikanischen Standards weitgehend übernommen. Dies ist durchaus besorgniserregend, da die Vorgaben von US-Firmen, insbesondere von OpenAI, ohne demokratische Diskussion zu globalen Normen werden. Nur das in Deutschland trainierte Modell Llama-3.1-SauerkrautLM-8b-Instruct der Firma VAGO-Solutions lässt sich (mit Warnhinweisen versehen) auf beide obige Anfragen ein.
Jenseits solcher Limitationen ist in der Szene auch ganz grundsätzlich darüber nachgedacht worden, welchen Wert kulturelle Praktiken wie das literarische Schreiben noch haben, wenn sie von Maschinen übernommen werden können. Dabei zeigt schon ein Blick auf die jüngste Geschichte der Brettspiele, dass man sich diesbezüglich keine allzu großen Sorgen machen muss: Es gibt heute kein einziges Strategiespiel mehr, das Maschinen nicht besser beherrschen als ihre menschlichen Gegner. Aber die Menschheit hat trotzdem nicht aufgehört, weiterhin Schach oder Go zu spielen und begeistert zuzuschauen, wenn sich darin ihre Großmeister messen. Der Wert des Spiels liegt im Spielen selbst und den damit verbundenen, vielfältigen kognitiven, sozialen und nicht zuletzt emotionalen Erfahrungen. Das gilt nun auch für alle künstlerischen Tätigkeiten, die man im Übrigen ebenfalls als Spiele auffassen kann. Der Drang des Menschen, Geschichten zu erzählen und zu erleben, bleibt ein unabdingbares Bedürfnis unserer Spezies.
Die Fanfiction-Gemeinde sieht daher zu Recht dem technologischen Wandel gelassen entgegen. Gerade für Fanfiction gilt, dass ihre Faszination in der persönlichen kreativen Aneignung der geliebten Canons liegt. Das Maschinen zu überlassen, ergibt keinen Sinn. Darüber hinaus liegt der Reiz von Fanfiction auch darin, sich auf den entsprechenden Plattformen mit anderen Menschen auszutauschen, sich eins zu fühlen mit all den anderen, die ihre Leidenschaften teilen. Mit KI menschliche Interaktion zu simulieren, empfinden die meisten Fanfiction-Akteurinnen und Akteure als Betrug. Deshalb gilt auf allen Plattformen die weithin akzeptierte Regel, dass weder Texte noch diesbezügliche Kommentare mithilfe von KI formuliert werden sollen, schon gar nicht, ohne sie entsprechend zu kennzeichnen. Ein Verbot dafür existiert allerdings nicht, zumal es sich schwer kontrollieren ließe. Einige Plattformen bieten spezielle Foren an, auf denen explizit KI-Geschichten gepostet werden dürfen. Aber das scheint kein großes Bedürfnis der Communitys zu sein, denn sehr viele Texte findet man hier nicht.
Während man sich also darin einig ist, LMMs nicht als Ghostwriter ge- und missbrauchen zu wollen, ist ihre Verwendung als Hilfsmittel durchaus akzeptiert. In der Tat können ChatGPT & Co in allen Phasen des Schreibprozesses Unterstützung anbieten. Das gilt nicht zuletzt für Fanfiction-Projekte im Deutschunterricht.
Zur Ideengenerierung (inventio) eignen sich Prompts, mit deren Hilfe man sich Log Lines (kurze Zusammenfassungen) für mögliche Fangeschichten vorschlagen lassen kann. So führte etwa der Prompt: „Liefere mir 5 Log Lines für eine Geschichte zum Canon der "Drei???" u.a. zu der Anregung:
Das geheimnisvolle Manuskript: Die drei ??? entdecken in einem Antiquitätenladen ein mysteriöses Manuskript, das zu einem verloren geglaubten Werk eines berühmten Autors führt, doch ihre Nachforschungen werden von einer geheimen literarischen Gesellschaft behindert. (ChatGPT 4.0)
Für den weiteren Ausbau eines solchen Erzählkerns kann man die KI beispielsweise nach weiteren Handlungsorten und Figuren fragen. Zur obigen Log Line hat ChatGPT z.B. als Orte vorgeschlagen:
Bibliothek oder Archiv: Hier könnten die drei ??? Nachforschungen anstellen, um mehr über das Manuskript und den Autor herauszufinden.
Historisches Anwesen: Möglicherweise das frühere Zuhause des berühmten Autors oder der Sitz der geheimen literarischen Gesellschaft.
Treffpunkt der literarischen Gesellschaft: Ein geheimer, vielleicht unterirdischer Ort, an dem sich die Mitglieder treffen und Pläne schmieden.
Für Figuren oder Handlungsorte bietet sich außerdem an, sie von einer KI zur besseren Veranschaulichung zeichnen zu lassen. Das historische Anwesen des fiktiven Autors an der Küste Kaliforniens wird etwa von Adobe Firefly so präsentiert:
Mehrere solcher Bilder kann man dann auch zu einem inspirierenden Moodboard kombinieren.
In der Ratgeberliteratur für professionelle Autoren bzw. Autorinnen findet man oft den Tipp, für die Charakterentwicklung literarischer Figuren im Vorfeld Rollenbiografien anzulegen. Auch das kann eine KI übernehmen. Die Rollenbiografie zum Besitzer des Antiquitätenladens wird beispielsweise so von der KI (ChatGPT 4.0) konstruiert:
Hintergrund: Herr Friedrich Vogt ist ein älterer, gutmütiger Mann in seinen späten 60ern. Geboren und aufgewachsen in einer kleinen Stadt mit einer reichen Geschichte, entwickelte er früh eine Leidenschaft für antike Bücher, Kunstgegenstände und historische Manuskripte. Er hat Jahrzehnte damit verbracht, seltene und wertvolle Stücke aus der ganzen Welt zu sammeln.
Beruflicher Werdegang: Nachdem er viele Jahre in renommierten Auktionshäusern gearbeitet hat, entschied er sich, seinen eigenen Antiquitätenladen zu eröffnen. Sein Geschäft liegt in einer ruhigen Seitenstraße und ist bekannt für seine einzigartige Sammlung seltener Bücher und alter Artefakte.
Persönlichkeit: Friedrich ist freundlich, aber ein wenig exzentrisch. Er ist bekannt für seine umfassenden Kenntnisse der Literaturgeschichte und seine fesselnden Geschichten über die Herkunft jedes gesammelten Objekts. Seine Liebe zur Literatur und Kunst ist unbestreitbar, und er genießt es, sein Wissen mit jungen Enthusiasten wie den drei ??? zu teilen.
Geheimnisse und Konflikte: Obwohl er auf den ersten Blick harmlos wirkt, hat Herr Vogt ein geheimes Interesse an geheimen Gesellschaften und der Geschichte der von ihnen gehüteten Werke. Er ist sich der Existenz der geheimen literarischen Gesellschaft bewusst und könnte mehr über das mysteriöse Manuskript und seine Bedeutung wissen, als er zunächst preisgibt. Sein Laden dient nicht nur als Geschäft, sondern auch als Versteck und Treffpunkt für diejenigen, die mehr über die verborgene Geschichte der Literatur erfahren möchten.
Wie immer gilt, dass KI-Vorschläge kritisch zu überprüfen sind. So ist „Friedrich Voigt“ ein sehr deutsch klingender Name, der nicht so recht nach Rocky Beach passt; vielleicht wäre z.B. „Harry Pitch“ eine bessere Alternative. Im Allgemeinen wird man ohnehin nicht alle Details aus einer Rollenbiografie in die spätere Geschichte übernehmen. Rollenbiografien dienen v.a. dazu, Figuren im weiteren Schreibprozess psychologisch stimmig handeln zu lassen. Und natürlich können und sollen zu allen KI-generierten Ideen auch eigene Einfälle dazukommen.
Ist man sich auf diese Weise über die Grundlagen einer möglichen Fanfiction klar geworden, besteht der nächste Schritt in der Gliederung (dispositio). KIs nutzen dazu standardmäßig Outlines, deren dramaturgische Strukturierung offenbar an einschlägigen Autorenratgebern orientiert ist, mit denen sie trainiert worden sind. Die gesammelten Ideen für die Fanfiction „Das geheimnisvolle Manuskript“ führten z.B. zu folgender Outline:
Kapitel 1: Der Fund im Antiquitätenladen
Die drei ??? besuchen den Antiquitätenladen von Harry Pitch.
Sie entdecken das mysteriöse Manuskript, das Pitch als Teil eines verschollenen Romans von H.P. Hatecraft identifiziert.
Pitch erzählt von Hatecrafts Ruhm und seinen spekulativen Werken, was das Interesse der Detektive weckt.
Kapitel 2: Recherchen in der Stadtbibliothek
Bob recherchiert in der Stadtbibliothek über die Biografie von H.P. Hatecraft.
Er findet Informationen über ein historisches Anwesen, auf dem der Autor gelebt haben soll.
Die drei ??? beschließen, das Anwesen zu besuchen, um nach weiteren Manuskriptseiten zu suchen.
Kapitel 3: Der geheimnisvolle Wächter
Bei ihrer Ankunft am Anwesen werden die drei ??? von einem mysteriösen Mann gestoppt, der ihnen den Zugang verweigert.
Sie erfahren, dass dieser Mann Teil einer literarischen Gesellschaft ist, die den Nachlass von H.P. Hatecraft verwaltet.
Die Gesellschaft glaubt, dass das gefundene Werk Hatecrafts schlechtestes Buch ist und will eine Veröffentlichung verhindern.
Kapitel 4: Der verborgene Schatz
Die Detektive planen, mehr über die Gesellschaft und ihre Absichten herauszufinden.
Während eines Geheimtreffens belauschen sie Mitglieder der Gesellschaft und erfahren von einem versteckten Archiv im Anwesen.
Peter schmiedet den Plan, nachts in das Anwesen einzudringen und das restliche Romanfragment zu beschaffen.
Kapitel 5: Der riskante Einbruch
In einer spannenden nächtlichen Aktion klettert Peter über die Fassade des Anwesens und findet das geheime Archiv.
Er schafft es, das zweite Manuskriptfragment unbemerkt zu entwenden.
Die drei ??? fliehen erfolgreich zurück zu Harry Pitch.
Kapitel 6: Die Entdeckung des Meisterwerks
Mit Hilfe von Harry fügen die Detektive die beiden Teile des Manuskripts zusammen.
Sie entdecken, dass das Werk ein episches Meisterstück ist, das Hatecrafts literarisches Vermächtnis revolutionieren könnte.
Die drei ??? überlegen, wie sie das Werk der Welt zugänglich machen können, trotz der Bemühungen der Gesellschaft, es zu unterdrücken.
Kapitel 7: Die Enthüllung
Die Geschichte endet mit der Entscheidung, wie das Manuskript veröffentlicht wird und welche Auswirkungen es auf die literarische Gemeinschaft hat.
Harry Pitch wird als Hüter dieses neuen literarischen Schatzes gefeiert.
Die drei ??? kehren zu neuen Abenteuern zurück, zufrieden mit ihrem neuesten Erfolg.
Für die Ausarbeitung (elocutio) kann eine KI dabei helfen, Schreibblockaden zu überwinden. Dafür übergibt man der KI einen bereits verfassten Textbaustein und lässt ihn um ein paar Sätze fortführen:
User: Ergänze den folgenden Textbaustein um ein paar Sätze: "Was könnten wir denn heute unternehmen?" Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews, die berühmten Detektive aus Rocky Beach, saßen in ihrem Büro und langweilten sich. Alle Fälle der letzten Zeit waren erfolgreich abgearbeitet worden und neue Herausforderungen ließen auf sich warten. "Wir könnten mal wieder unseren alten Freund Harry Pitch in seinem Antiquitätenladen besuchen", schlug Justus vor.
ChatGPT (4.0): Peter nickte zustimmend. "Gute Idee, vielleicht hat er ja etwas Interessantes entdeckt oder benötigt unsere Hilfe bei einem seiner seltenen Stücke." Bob lehnte sich zurück und blickte aus dem Fenster. "Es wird wirklich langweilig, wenn es hier keine spannenden Fälle gibt. Ein Besuch bei Harry könnte genau das Richtige sein, um den Tag aufzupeppen."
Neben Schreibblockaden bilden überzeugende Dialoge mit einer der größten Herausforderungen beim Verfassen von Geschichten. Unterstützung bekommt man dazu von einer KI mit einem direkten Prompt, der die Gesprächsteilnehmer:innen und das Thema benennt: z.B. „Schreibe einen Dialog, in dem sich die Mitglieder der geheimen Gesellschaft über den Aufenthaltsort ihres Manuskripts unterhalten.“ Zusätzlich sollte man erwähnen, dass der Dialog Teil einer Erzählung (und nicht eines Drehbuchs) sein soll und man sich variable Inquits (Redeeinleitungen) wünscht. Das Ergebnis schaut dann etwa so aus (ChatGPT 4.0):
Hinter der dicken Holztür des Anwesens lauschten die drei Detektive den gedämpften Stimmen, die aus dem Raum drangen. „Wir müssen sicherstellen, dass unser Teil des Manuskripts weiterhin gut verborgen bleibt“, betonte ein erstes Mitglied mit ernstem Ton. „Mach dir keine Sorgen“, erwiderte ein zweites Mitglied gelassen, „das geheime Archiv ist hinter dem Bücherregal bestens gesichert. Nur wir kennen den Mechanismus.“ Das dritte Mitglied ließ ein leises Lachen hören. „Wer würde schon vermuten, dass das Porträt von Hatecraft selbst der Schlüssel dazu ist?“ …
Mehr Kreativität (und Spaß) kommt ins Spiel, wenn der Dialog mit Hilfe eines literarischen Rollenspiels entwickelt wird:
User: Wir machen ein literarisches Rollenspiel. Ich bin ein Mitglied der geheimen Gesellschaft und fange an. Du spielst die beiden anderen. Einverstanden?
ChatGPT: Natürlich, gerne! Lass uns beginnen. Du kannst starten, und ich werde die beiden anderen Mitglieder spielen.
User: John, wir müssen äußerst vorsichtig sein, diese Detektive sind ziemlich gewitzt.
ChatGPT: „Keine Sorge“, erwidert das zweite Mitglied beruhigend. „Das Manuskript ist an einem Ort versteckt, den niemand jemals finden wird. Wir haben alle Eventualitäten bedacht.“ „Genau“, stimmt das dritte Mitglied zu. „Das Porträt von Hatecraft schützt den Zugang besser, als eine Tür es könnte. Selbst wenn sie den Mechanismus finden, werden sie nie wissen, wie er funktioniert.“
User: Ist er so kompliziert? Ich habe ihn selbst nie benutzt.
ChatGPT: „Nicht unbedingt kompliziert, aber raffiniert“, antwortet das zweite Mitglied mit einem Lächeln. „Man muss den Rahmen in einer bestimmten Reihenfolge berühren, um das Regal zu öffnen. Es ist ein alter Trick, den nur wenige kennen.“ Und selbst wenn jemand darüber stolpern würde“, fügt das dritte Mitglied hinzu, „sind sie noch lange nicht im Archiv. Die Detektive müssten noch einiges mehr herausfinden, um an das Manuskript zu gelangen.“
User: Wie lautet denn die Reihenfolge?
ChatGPT: „Die Reihenfolge? Nun, das ist das Geheimnis“, antwortet das zweite Mitglied leise. „Es beginnt oben links und folgt dann im Uhrzeigersinn. Eine kleine, aber effektive Täuschung.“ Das dritte Mitglied nickt zustimmend. „Es klingt vielleicht einfach, aber ohne das Wissen haben Außenstehende keine Chance, es herauszufinden. Selbst wenn sie wüssten, wo sie anfangen müssen.“
Nun, das ist noch nicht perfekt, zumal die Inquits alle im Präsenz stehen. Aber wenn KI lediglich als unterstützender Lektor und nicht als Autor arbeiten soll, ist Perfektion nicht notwendig, ja vielleicht noch nicht einmal wünschenswert: So bleibt noch genügend Raum für eigene sprachliche Kreativität.
Ein fertiggestellter erster Entwurf der Geschichte kann anschließend mit Hilfe von KI kritisch redigiert werden (Revision). Sollen nur formale Korrekturen vorgenommen werden (Rechtschreibung, Grammatik), verwendet man dafür am besten darauf spezialisierte Tools wie Quiltbot. Die meisten LMMs bieten nämlich unaufgefordert auch gleich stilistische Verbesserungsvorschläge an, was man natürlich auch nutzen kann, aber vielleicht nicht unbedingt will. Für dramaturgische und stilistische Anregungen sollte man verschiedene und möglichst aktuelle Sprachmodelle ausprobieren, denn die Qualität der Antworten differiert hier nach wie vor stark. Zu empfehlen ist dabei, die Stilebene möglichst genau anzugeben, z.B. mit dem Hinweis darauf, dass der Stil dem Canon entsprechen soll. Einen Versuch ist es auch wert, mit Hilfe einer KI Logiklöcher in einer Story aufzudecken und zu verbessern. Das gelingt oft erstaunlich gut. Last but not least kann es interessant sein, alternative Schlüsse in Erwägung zu ziehen – generiert von einer KI.
Einen KI-spezifischen Kompetenzrahmen für Schüler:innen gibt es bislang nicht – die Kultusministerien haben sich bislang v.a. darauf konzentriert, Lehrkräfte auf die neue Situation vorzubereiten. Man kann sich aber beispielsweise am 2016 veröffentlichten KMK-Strategiepapier „Bildung in der digitalen Welt“ orientieren, um förderungswürdige Fähigkeiten und Fertigkeiten, aber auch domänenspezifisches Wissen im Umgang mit KI zu skizzieren. Bezogen auf Fanfiction-Projekte können u.a. folgende KI-spezifische Kompetenzen erworben werden:
1. Verständnis der Funktionsweise von KI-Sprachmodellen (LLMs):
Tokens als KI-spezifische Spracheinheiten: Erkennen, dass KIs nicht mit Wörtern, sondern mit Tokens arbeiten und wie sich dies auf die Textgenerierung auswirkt (z.B. Schwierigkeiten beim Zählen von Wörtern).
Datenbasis: Verstehen, dass die Qualität der KI-Texte von der Datenbasis abhängt, mit der das Modell trainiert wurde (z.B. umfangreiche Informationen zu Canons in speziellen Wikis).
Stärken und Schwächen: Einschätzen, wo KI-Modelle besonders gut sind (z.B. Generierung von Texten im Stil bekannter Vorlagen) und wo ihre Schwächen liegen (z.B. Repetitivität, Vorhersehbarkeit, eingeschränkte Verwendungsmöglichkeiten durch Content-Filter).
2. Kritische Bewertung von KI-Texten:
Qualitätsmerkmale: Entwickeln von Kriterien zur Beurteilung von KI-Texten (z.B. Originalität, Übereinstimmung mit dem Canon, stilistische Vielfalt).
Erkennen von Mustern: Identifizieren typischer Schwächen von KI-Texten (z.B. Repetitivität, vorhersehbare Handlungsverläufe, Hang zum Happy End).
Abgrenzung von menschlicher Kreativität: Verstehen, warum KI-generierte Texte trotz ihrer oberflächlichen Qualität nicht mit menschlicher Kreativität gleichgesetzt werden können (z.B. aufgrund fehlender emotionaler Tiefe und persönlicher Erfahrung).
3. Reflexion über den Wert kultureller Praktiken im Zeitalter von KI:
Bedeutung von Kreativität: Diskutieren, welchen Wert das eigene Schreiben und die Auseinandersetzung mit Texten in Zeiten von KI-generierten Inhalten haben.
Emotionale und soziale Aspekte: Verstehen, dass kulturelle Praktiken wie Fanfiction nicht nur der Produktion von Texten dienen, sondern auch dem Austausch und der Interaktion mit anderen Menschen.
Abgrenzung von Mensch und Maschine: Reflektieren, wo die Grenzen der KI-Technologie liegen und warum menschliche Kreativität und Interaktion weiterhin unverzichtbar sind.
4. Nutzung von KI als Werkzeug:
Kreativitätstechniken: Anwenden von KI-Tools zur Unterstützung des eigenen Schreibprozesses (z.B. Ideengenerierung, Erstellung von Moodboards, Rollenbiografien, Outlines, Überwindung von Schreibblockaden, Dialogentwicklung, Lektorat).
Prompt Engineering: Entwickeln von Strategien zur Formulierung von effektiven Prompts, um die gewünschten Ergebnisse von der KI zu erhalten.
Kritische Auseinandersetzung: Überprüfen und bearbeiten von KI-generierten Texten, um sie an die eigenen Bedürfnisse und Vorstellungen anzupassen.
5. Ethische, rechtliche und gesellschaftspolitische Fragen:
Urheberrecht: Diskutieren, inwieweit die Entwicklung und Nutzung von KIs urheberrechtliche Fragen aufwirft (Verwendung von Inhalten, die von anderen erstellt wurden, ohne entsprechende Quellennachweise).
Kennzeichnungsgebot: Verstehen, warum es wichtig ist, KI-generierte Texte als solche zu kennzeichnen, um Transparenz zu gewährleisten.
Einfluss von KI auf gesellschaftliche Diskurse: Beeinflussung gesellschaftlicher Diskurse durch Content-Filter, die bestimmte Themen und darauf bezogene Erzählungen tabuisieren.
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Der Blogbeitrag referiert auf:
Kepser, Matthis (2024): Künstliche Intelligenz im Kontext von Fanfiction. Literatur- und schreibunterrichtliche Erkundungen. In: Der Deutschunterricht 5, 36-46.
Dort finden sich auch ausführliche Quellenhinweise.
Natürlich wurde auch für diesen Beitrag KI zur Unterstützung eingesetzt.