José F.A. Oliver, geboren 1961 in Hausach / Schwarzwald. Andalusischer Herkunft. Ausgezeichnet u.a. mit dem Basler Lyrikpreis (2015). Jüngste Publikationen: „Sandscript”. Selected Poetry 1987–2018. Dt.-Engl. White Pine Press. Buffalo, New York 2018 und „wundgewähr”. Gedichte. Matthes & Seitz, Berlin 2018. Oliver ist Kurator des von ihm initiierten Literaturfestivals Hausacher LeseLenz (www.leselenz.com). Näheres: www.oliverjose.com
Dozent für Lyrisches Schreiben bis Juli 2022
seit September 2022: Carolin Callies
Werkstatt
Jeder Mensch birgt Augenblicke der Poesie
Vor ein paar Jahren sagte mir eine Schülerin der Realschule Ostheim nach einem längeren Gespräch über das Gedicht Hälfte des Lebens von Friedrich Hölderlin einen Satz, der mich seither begleitet: „Jetzt begreife ich, ein Gedicht folgt keinen Gesetzen, hat aber Regeln.“ Treffender könnte die Erkenntnis nicht formuliert sein. Gedichte sind Texte, die einen kontinuierlichen Prozess in Sprache öffnen, dabei Rhythmus und Struktur, W:orte und Bilder in eine Form münden lassen, die weder beliebig entstehen noch planmäßig umgesetzt werden. Octavio Paz hat gar formuliert, dass es keine definitive oder endgültige Version eines Gedichtes gebe und schrieb: „Vielleicht ist jedes Gedicht der Entwurf eines Gedichtes, das wir niemals schreiben werden.“ Auch diesem Satz folge ich gerne, weil er jene Haltung zum Ausdruck bringt, die mich auch immer wieder ins eigene Schreiben begleitet. Lust auf Sprache, die sich fortschreibt. Lyrisches Schreiben im Deutschunterricht setzt genau hier an. Über das eigene Schreiben ins Lesen anderer zu kommen und umgekehrt. Über das Lesen von Gedichten im eigenen Schreiben weiter zu kommen. Diesem Credo liegt eine zehnjährige Erfahrung mit Schüler*innen aller Schularten zu Grunde. Deshalb setzt die zweijährige Fortbildung für Lehrer*innen beim eigenen Schreiben an, führt über die Begegnung mit Lyrik und verschiedener poetologischer Skizzen im ersten Jahr zur konkreten Umsetzung im Klassenzimmer während des zweiten Jahres. Es gilt die poetischen Augenblicke, die jeder Mensch in sich birgt, Sprache werden zu lassen.

Lyrisches Schreiben im Deutschunterricht
Vom Wort in die Verdichtung
16 x 23 cm · 200 Seiten, Klett/Kallmeyer-Friedrich Verlag, 2013
ISBN 978-3-7800-4963-6, EUR 19,95
Bisweilen kann eine einzelne Verszeile die Welt erklären. Schreiben heißt deshalb, mit der Welt im Dialog zu stehen. Wer im Dialog steht, der spricht und sagt. Benennt sich immer auch selber. Vor diesem Hintergrund bedeutet Lyrisches schreiben, die Sprache einfühlsam und sorgfältig wahrzunehmen und zu verdichten. Seit Jahren fördert José F.A. Oliver bei Schüler*innen aller Schularten den entschiedeneren Umgang mit Sprache und nimmt die jungen Menschen beim Wort. Das Vermögen, zu sagen, was der Einzelne erlebt, fühlt und denkt, hängt unmittelbar mit dem gestalteten Wortschatz zusammen, der ihm zur Verfügung steht. Das klingt einfach, ist jedoch eine besondere Herausforderung für diejenigen, die Sprache unterrichten. Oft wird – wenn es um die deutsche Sprache geht – bei Schüler*innen das „Defizitäre“ im Umgang mit ihr betont. José Oliver stellt sich in seinen Schreibwerkstätten lieber positiv den Gegebenheiten: Für ihn birgt jede scheinbar noch so „defizitäre“ Sprache Schönheit. Ausgangspunkt seiner poetologischen Entwürfe ist das Wort. Wird das Wort bewusst gewählt, schenkt Sprache dem Menschen Identität. Diese gilt es mit einfachen Mitteln und Methoden zu entdecken. Vom w:ort in den Satz. Vom Satz in die Verdichtung. Aus der Verdichtung in den Vers. Vom Vers vielleicht ins Gedicht. Ein anregendes Praxisbuch, das erkundet, wo ein Gedicht seinen Anfang nimmt und wie mit diesen an:sätzen konsequent Form und Rhythmus gebildet werden können. www.friedrich-verlag.de